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Montag, 9. Februar 2015

Stürzen die Pläne Washingtons für die Ukraine die Menschheit in den Dritten Weltkrieg?

Stephen Lendman

Dass Washington den Umsturz in Kiew geplant und umgesetzt hat, ist Fakt. Obama hat zugegeben, dass die USA an den Verhandlungen für einen Machtwechsel in der Ukraine mitgewirkt haben. Im Klartext bedeutet das nichts anderes, als dass man den Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Viktor Janukowitsch betrieben hat. Seine Nachfolge: Ein Neonazi-Mob.

Vor Mitgliedern des Washingtoner National Press Club erklärte Victoria Nuland, als Staatssekretärin im US-Außenministerium für Europa und Eurasien zuständig, im Dezember 2013: »Seit die Ukraine 1991 unabhängig wurde, haben die Vereinigten Staaten über fünf Milliarden Dollar investiert, um der Ukraine in Notlagen und bei anderen Dingen zu helfen.«

Das ist der Code für »Regierungswechsel«. Nuland war Obamas Kontaktperson, als es vergangenes Jahr darum ging, die Gewalt auf dem Maidan anzufachen. Sie ließ sich in flagranti erwischen, wie sie zum Umsturz drängte, denn ihr Gespräch mit dem amerikanischen Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, wurde mitgeschnitten.

Obamas Äußerungen seien der klare Beleg dafür, dass die USA am Staatsstreich vor einem Jahr direkt beteiligt waren, sagt der russische Außenminister Sergej Lawrow. »Das zeigt, dass Washington beabsichtigt, auf jede denkbare Weise die Regierung in Kiew zu unterstützen. Und Kiew gedenkt den Konflikt offenbar gewaltsam zu beenden«, so der Minister.

Einerseits stellen sich US-Vertreter hin und dringen auf eine friedliche Beilegung des Konflikts, andererseits unterstützen sie den schmutzigen Krieg, den Kiew führt. Washington wolle »den Kampf um die Oberhoheit bis zum letzten Ukrainer führen«, sagt der Politiker und Ökonom Sergej Glatzjew von der Russischen Akademie der Wissenschaften. Die Ukraine sei ein Werkzeug, mit dessen Hilfe man »Europa und Russland angreife«.
Glatzjew weiter: »Amerika braucht einen Weltkrieg, um seine Vormachtstellung in der Welt zu festigen. Die Kontrolle über Europa soll durch das transatlantische Freihandelsabkommen gestärkt werden. Außerdem soll die Kontrolle über Russland und den Nahen Osten errungen werden. Auf diese Weise wird beim Kampf um die Führungsposition der Wettbewerbsvorteil gegenüber den asiatischen Staaten ausgeweitet.«

Er glaubt, Amerikas Pläne seien zum Scheitern verurteilt, die Multipolarität der Welt werde die Vorhaben durchkreuzen. Dennoch sei die Gefahr weiterhin groß, denn Washington zettele »in Europa einen Krieg gegen Russland an«. Europa sei »das Hauptopfer« in Amerikas Strategie und es sei innerhalb der nächsten Jahre nicht mit einer Lösung des Konflikts zu rechnen.

Das lässt größere Konflikte vermuten. Wenn Amerika Russland politisch, wirtschaftlich und militärisch herausfordert, riskiert es einen Dritten Weltkrieg.

Die US-Botschaft in Kiew sei ein Hort der Intrigen und Subversion, sagt Oleh Zarjow, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der ukrainischen »Partei der Regionen« und aktuell Parlamentsvorsitzender des »Föderativen Staates Neurussland«. Zarjow sieht die amerikanischen Strippenzieher gemeinsame Sache machen mit Olexandr Turtschinow, dem Leiter des Nationalen Sicherheitsrates, mit Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk und dem Oligarchen Ihor Kolomojskyj. Diese Bande strebe den Sturz von Staatspräsident Petro Poroschenko an, glaubt Zarjow.

Poroschenko hat Geschäftsinteressen in Russland, die er schützen möchte, und sei deshalb möglicherweise bereit, einen Frieden für den Donbass auszuhandeln, so Zarjow. Eine erfolgreiche Beilegung des Konflikts würde zudem Poroschenkos Ansehen verbessern. Er wäre die »zweitwichtigste politische Figur in der Ukraine«.

Für seine Bosse in Washington erledigt US-Botschafter Geoffrey Pyatt in der Ukraine die Arbeit und was die wollen, ist Krieg. Das wollen auch die Hardliner in Kiew. Zarjow dagegen glaubt, Poroschenko sei an einer Regierungskoalition interessiert, der Jazenjuk nicht angehört. Jazenjuk wiederum möchte, dass Poroschenko verschwindet. Kolomojskyj dagegen ist mit seinen Unternehmen in finanzielle Not geraten und braucht neues Kapital. Von Kiew hat er da nicht viel zu erwarten.

Militärische Niederlagen im Donbass haben dazu geführt, dass Washington sich von Poroschenko abwendet und die Hardliner in Kiew seinen Sturz fordern. »Es steht immens viel auf dem Spiel«, sagt Zarjow. Hier geht es um deutlich mehr als Reichtum und Macht. Kiews von den USA gelenktes langes Messer könnte ihn sein Leben kosten.

Jazenjuk habe sich mit anderen Falken getroffen, um einen Propagandakrieg gegen Poroschenko in die Wege zu leiten, so Zarjow. Schritt eins auf dem Weg zu seinem Sturz: Er muss als derjenige dastehen, der die Schuld an der Krise in der Ukraine trägt.

»Für Optimismus besteht kein Anlass.« Washington stehen jede Menge Möglichkeiten offen, die Amerikaner haben einen »ganzen Haufen proamerikanischer Handlanger« in ihren Dienst genommen. »Es gibt keine nicht proamerikanischen Politiker, die an die Macht kommen könnten«, so Zarjow. »Die Schalthebel der Macht sind gut geschützt und von dort aus wird weiterhin der Willen der USA ausgeführt.«

Parallel dazu haben sich die Militäraktionen Kiews im Donbass als katastrophaler Fehlschlag erwiesen. Wieder und wieder werfen die Rebellen die Streitkräfte zurück. Die Mobilmachung läuft nicht wie geplant, Tausende entziehen sich der Wehrpflicht, weitere Tausende desertieren. Sie wollen mit Kiews schmutzigem Krieg nichts am Hut haben. Kiews Streitkräfte versinken im Chaos.

»Die Straße von Donezk nach Kiew ist verstopft mit Fahrzeugen, Nationalisten … die zu Fuß fliehen. Etwas Ähnliches findet in Mariupol statt«, berichtet Zarjow. In Debalzewo sind die Junta-Truppen eingekesselt und stehen vor der Wahl: Kapitulation oder Tod.

Alexander Sachartschenko, Ministerpräsident der »Volksrepublik Donezk«, hat eine vollständige Mobilmachung angekündigt. Er rechnet damit, dass sich 100 000 Freiwillige melden. Die Überlegenheit der Rebellen gegenüber dem ukrainischen Militär würde dadurch noch größer. Hier stehen sich eine gut bewaffnete, entschlossene Selbstverteidigungstruppe und die schlecht organisierten, ineffektiven und zusehends kampfesunlustigen Streitkräfte Kiews gegenüber. Die Einheiten von Kiew wirken mehr und mehr wie eine ausgebrannte Streitmacht, nicht wie ein Heer, das bereit ist für die Schlacht. Können sich die Dinge noch ändern, wenn die USA stärker mitmischen? Das bleibt abzuwarten.

Den Versuch jedenfalls will Washington unbedingt machen und zunächst noch mehr schweres Militärgerät liefern als ohnehin schon. Außerdem sollen noch mehr paramilitärische Truppen wie Blackwater USA (heißt inzwischen Academi) unter Vertrag genommen werden. Möglich wären auch größere Mengen amerikanischer Bodentruppen, ähnlich wie es das Pentagon im Irak gehandhabt hat.

Tausende Mitglieder von Spezialeinheiten sind dort im Einsatz, offiziell als »Berater und Unterstützer«. Eine hübsche Umschreibung dafür, dass kampfbereites Personal in Stellung gebracht wird. Der scheidende US-Verteidigungsminister Chuck Hagel will noch weitere Soldaten schicken. Klassischer Fall von schleichender Ausweitung. Rechnen Sie mit unmittelbarer Beteiligung an Kampfeinsätzen.

Soll in der Ukraine eine ähnliche Taktik angewendet werden? Wird Washington das Kampfgeschehen voll und ganz in die eigene Hand nehmen? Werden Tausende amerikanischer Soldaten in der Ukraine einfallen? Allein wird Kiew die Rebellen nicht besiegen, dem Militär fehlt es dazu an Mitteln und am Willen. Daran ändern auch zusätzlich schwere Waffen aus den USA und Europa nichts.

Die Lage wird dadurch erschwert, dass die Falken, wie Zarjow betont, Krieg wollen und nicht am Frieden interessiert sind. Sie streben eine Konfrontation mit Russland an, kein gutes nachbarschaftliches Verhältnis.

Washington übernimmt mehr und mehr das Ruder. Einige Parlamentarier haben Kiew bereits mit ihren Familien verlassen. Sie haben Angst davor, welche Wellen es schlagen könnte, sollte Poroschenko gestürzt werden. Die Krise in der Ukraine werde noch »eine sehr lange Zeit« über anhalten, so Zarjow.

Russland hat sich seit dem Zerfall der Sowjetunion nicht mehr in die Politik der Ukraine eingemischt. Das hat Washington zu seinem Vorteil genutzt und im Februar 2014 auf die Spitze getrieben, indem man der ukrainischen Demokratie ein Ende bereitete und sie durch eine Herrschaft der faschistischen Neonazis ersetzte.

Mit Billionen und Aberbillionen Dollar hat Amerika den Ausbau seines Imperiums vorangetrieben. Eigenständige Regierungen wurden ersetzt durch prowestliche Marionetten. Was sich an Opposition regt, wird von den Faschisten gewaltsam eliminiert. Grundlegende Rechte werden verweigert, wirtschaftliche Plünderung ist an der Tagesordnung und führt dazu, dass ganze Bevölkerungsgruppen verarmen.

In der Ukraine laufen die Dinge nach einem ähnlichen Drehbuch, das geht soweit, dass Krieg gegen das eigene Volk geführt wird. Poroschenko ist dabei mehr Aushängeschild als echter Anführer. Zarjow glaubt, Poroschenko wird zum Maidan-Jahrestag oder rund um dieses Datum gestürzt. Für den 15. Februar ist die Nationalversammlung in Kiew einberufen worden.

»Es ist absolut denkbar, dass gegen 20 Uhr daraus ein bewaffneter Angriff auf die Regierung Poroschenko wird« und sich die Vorfälle wiederholen, die damals zum Sturz von Janukowitsch führten. Poroschenko sei sich der Risiken durchaus bewusst, sagt Zarjow. Er habe eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die mit ranghohen Beamten besetzt ist und Strategien gegen einen Staatsstreich ausarbeitet.

Dass das ausreicht, ist keineswegs garantiert. Will Washington, dass Poroschenko verschwindet, dann ist er Geschichte. Es ist nicht mehr lange hin bis Mitte Februar, dann werden wir erleben, inwieweit die Einschätzung Zarjows korrekt ist. Niemand kenne sich in der ukrainischen Innenpolitik besser aus als Zarjow, sagt sein Dolmetscher.

Wenn die Falken allerdings Poroschenko mit Gewalt aus dem Amt jagen, wird es für Washington noch schwieriger, die neue Regierung für legitim zu erklären. Das soll aber keineswegs heißen, dass es die dunklen Mächte in den USA nicht versuchen werden oder dass die Mainstreammedien nicht alles tun werden, um das nicht zu rechtfertigende zu rechtfertigen. Das kennen wir aus der Vergangenheit zur Genüge.

Und so tobt der Krieg um die Seele der Ukraine weiter. Der Weltfrieden steht auf Messers Schneide.

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